Mit erhöhter Zugfrequenz zu besseren Schwimmzeiten?

Mit erhöhter Zugfrequenz zu besseren Schwimmzeiten?

In zahlreichen Einsteigerbüchern wird die Bedeutung vom Gleiten beim Kraulschwimmen hervorgehoben. Die Frage stellt sich, ob dieser Fokus tatsächlich zu den besten Resultaten führt.

An erster Stelle wollen wir klären, wie der Antrieb zustande kommt. Grundsätzlich bewirkt ein Schwimmer einen Vortrieb durch die Zugfrequenz in Kombination mit der Zuglänge mit einer bestimmten Kraft. Schwimmer können daher an einem kräftigen, langen Armzug arbeiten bzw. an einer Erhöhung der Zyklusfrequenz (mit einem vollständigem Armzug). Der Beinschlag eines Open Water Kraulschwimmers nimmt eine untergeordnete Rolle im Bereich von 10 Prozent ein.  Weitere Faktoren, wie Wasserlage und Schwimmtechnik, beeinflussen die resultierende Geschwindigkeit signifikant. Diese werden jedoch Thema eines anderen Beitrags sein. 

Wenn man die schnellsten Schwimmer analysiert, so stellt man fest, dass diese tendenziell einen kontinuierlichen Antrieb anstreben. Man beobachtet kein übertrieben langes Gleiten. Olympiasiegerin Sheila Taormina setzt in ihrem Buch “Kraulschwimmen wie die Profis” die optimale Zykluszeit nach einer Analyse von zahlreichen Top-Schwimmern bei 1 bis 1,6 Sekunden fest. Diese Werte lassen sich nicht auf Hobbyschwimmer 1:1 übertragen. Schwimmer, die sich zu sehr auf das Gleiten konzentrieren, erreichen Zykluszeiten von 2-3 Sekunden. Top-Schwimmer haben aufgrund ihrer herausragenden physischen und koordinativen Fähigkeiten dennoch eine geringe Anzahl an Armzügen pro Länge, die Zyklusfrequenz ist jedoch vergleichsweise hoch. Aus diesem Grund schwimmen diese schlussendlich auch so schnell (starker Antrieb, vollständiger Armzug, höhere Zyklusfrequenz).

Dem gegenüber stehen Total-Immersion Ansätze, bei denen eine geringe Anzahl an Armzügen bzw. eine lange Gleitphase als Qualitätskriterium angesehen werden, bzw. ein möglichst ökonomisch und aquadynamischer Schwimmstil fokussiert wird. Sehr positiv muss an diesem Ansatz bewertet werden, dass das Gleichgewicht im Wasser und die Körperposition optimiert wird. Schwimmer, die auf diese Weise trainieren, berichten auch, dass sie sehr ausdauernd schwimmen können bzw. das Schwimmen sich auch angenehm anfühlt. Für leistungsorientierte Schwimmer liegt jedoch der Hauptfokus darauf, eine maximale Geschwindigkeit über eine gewisse Distanz erbringen zu können.

Wer also zu einer übertrieben langen Gleitphasen tendiert, sollte bedenken, dass in der Formel des Wasserwiderstands  F = (r w * c * A * v 2) / 2 ein v² beinhaltet. Die Leistung P = F . v inkludiert ein weiteres v. Die Leistung, die zur Überwindung des Wasserwiderstands erbracht werden muss, steht zur dritten Potenz. Darüber hinaus ist der Wasserwiderstand 800-Mal höher als der Luftwiderstand. Bei einer ausgeprägt langen Gleitphase kommt es daher rasch zu einer Abnahme des Schwimmtempos bis zum nächsten Armzug. Der Beinschlag kann dem Tempoverlust nur geringfügig entgegenwirken, da dieser nur einen limitierten Beitrag bei der Schwimmgeschwindigkeit leistet. Das Tempo muss daher nach der Gleitphase wieder aufgebaut werden. Die Beschleunigung a=v/t ist energetisch wiederum aufwändig. Wer eine Gleitphase einbaut, der sollte diese so gestalten, dass diese kaum zu einer Reduktion der Schwimmgeschwindigkeit führt.

Allerdings ist es wichtig, die individuelle Situation jedes Sportler zu berücksichtigen. Konditionelle, koordinative und konstitutionelle  Voraussetzungen, wie die Körpergröße, Ausdauer Kraft bzw. motorische Fähigkeiten sind von Athlet zu Athlet unterschiedlich. 

Vielen Hobby-Athleten bereitet es Schwierigkeiten, eine längere Strecke durchzukraulen. Für diese kann eine längere Gleitphase durchaus hilfreich sein. Besonders wichtig ist es auch, vorerst die Armzuglänge zu maximieren. Oft wird die Armzuglänge automatisch verkürzt, wenn die Zyklusfrequenz erhöht wird. Eine Erhöhung der Zyklusfrequenz ist nur sinnvoll, wenn gleichzeitig ein sauberer und vollständiger Armzug möglich ist. Besonders Anfänger sollten sich zuerst einmal auf einen ruhigen Schwimmstil fokussieren. Übungen, wie Abschlagschwimmen bzw. die Reduktion der Armzüge pro Länge helfen diesen, ihren Energieaufwand beim Schwimmen zu reduzieren. 

Schwimmer sollten daher selbstständig mit der Zyklusfrequenz experimentieren. Wer seit Jahren versucht, mit möglichst wenigen Armzügen pro geschwommener Länge zu schwimmen bzw. seine Gleitphase zu maximieren, kann von einer erhöhten Zyklusfrequenz mit einem vollständig ausgeführten Armzug profitieren.  Ein möglichst gleichmäßiges Tempo ohne Beschleunigungs-bzw. Entschleunigungsphasen ist physikalisch ökonomischer. 

Mit sportlichen Grüßen

Reinhard und Barbara

Literatur

Sheila, T. (2016). Kraulschwimmen wie die Profis. Grünwald: Copressverlag. 

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