Training um jeden Preis durchziehen?

Training um jeden Preis durchziehen?

Wir Triathleten neigen dazu, unsere Trainingseinheiten sehr ernst zu nehmen. Das liegt an unserem Ehrgeiz und unserer Beharrlichkeit im Training. Unsere größten Stärken können jedoch zu unseren Schwächen werden. Es gibt vier verschiedene Gründe, die den Abbruch einer Trainingseinheit rechtfertigen.  

Der erste Grund betrifft die Gesundheit und sollte sehr ernst genommen werden. Wenn Schmerzen bei der Bewegungsausführung auftreten, ist das ein definitives Zeichen. Insbesondere wenn der Schmerz ständig andauert, auch wenn er nur als leicht empfunden wird, sollte die Einheit abgebrochen werden. Das Risiko, dass sich die Symptome verschlechtern, ist groß. Der mögliche Leistungsgewinn innerhalb einer einzelnen Trainingssession steht in keiner Relation zu diesem. Beende die Einheit vorzeitig, und warte ein paar Tage ab, ob du wieder beschwerdefrei trainieren kannst. Im Zweifelsfall, bzw. falls keine Besserung wahrnehmbar ist, konsultiere einen guten Orthopäden.

Abgesehen von gesundheitlichen Gründen, sollte eine Trainingseinheit abgebrochen werden, wenn die erforderliche Technik nicht gehalten werden kann. Ein Beispiel hierfür wäre ein Krafttraining mit zu hohen Gewichten. Viele Sportler trainieren weiter, obwohl die Ausführung aufgrund der vorangeschrittenen Ermüdung inkorrekt wird. Beim Krafttraining führt das dazu, dass andere Muskelgruppen unterstützend eingreifen. Anstelle einen optimalen Reiz zu setzen, werden die zu trainierenden Muskelgruppen dabei entlastet. Dem Körper wird daher eine höhere Belastung zugemutet, obwohl der Trainingseffekt geringer ausfällt. Unsaubere Übungsausführungen können außerdem ernste Verletzungen und Verschleißerscheinungen bewirken. Ein konkretes Problem bezüglich der Aufrechterhaltung der Technik entsteht bei uns Triathleten häufig beim Schwimmen. Oft wird das Programm unter allen Umständen durchgezogen, obwohl die Arme keinen korrekten Zug mehr zusammen bekommen, bzw. die Zuglänge ermüdungsbedingt stark abgenommen hat. Ein definitiver Grund für einen Abbruch ist daher, wenn eine saubere Bewegungsausführung nicht mehr möglich ist.

Der dritte Grund wäre, dass ein Training mit zu ehrgeizigen Vorgaben durchgeführt wird. Vergangene Woche fragte mich ein Athlet, wie er am besten damit umgehen sollte, wenn er die vorgegebenen Zeiten bei einem Intervalltraining nicht einhalten könnte. Joel Friel schreibt in seinem Standardwert „Trainingsbibel“ dazu, dass man bei jeder Trainingseinheit noch eine Reserve haben sollte, also z.B. noch einen Durchgang bei einem Intervalltraining nach Beendigung der Einheit schaffen würde. Richtig ist sicherlich, dass ein Training kein Wettkampf ist. Ambitionierte Triathleten müssen jedoch im Training schon in die Nähe ihrer Limits bei Key Sessions kommen. Die Tagesform und die Motivation sind dann häufig die entscheidenden Faktoren, ob die Einheit nach Plan durchgeführt wird oder ob man seine Zielvorgaben nicht umsetzen kann. Wenn man während der Session merkt, dass man das Trainingsziel nicht erreichen wird, kann das Training angepasst werden. Sollte bereits eine geringfügige Intensitätsänderung, wie z.B. 8 mal 100 Meter in 1:42 statt in 1:39 zu schwimmen, ausreichen, dann ist das die richtige Maßnahme. Darüber hinaus wäre es möglich, aus 8-mal 1000 Meter Laufintervalltraining 2-mal 4- mal 1000 Meter zu machen. Vielleicht reicht eine 5-minütige Satzpause bereits aus, das Training mit einem guten Gefühl zu beenden. Hast du jedoch den Eindruck, dass es zu einem sehr starken Leistungsabfall unweigerlich im Laufe der Session kommt, dann solltest du die Einheit abbrechen. Überlege danach, ob du einfach einen schlechten Tag hattest, oder ob du bei der Planung zu ehrgeizig gewesen bist. Kommst du zur Annahme, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit an der Tagesverfassung lag, dann wiederhole doch ausgeruht die Einheit in der Folgewoche. Passe dein Training an, falls der Grund deines Abbruchs an einer zu ambitionierten Trainingsplanung gelegen ist. Du wirst, wenn du regelmäßig intensive Key Sessions durchführst, dein Leistungsvermögen bei weiteren Einheiten sehr gut einschätzen können.

An vierter Stelle stehen Einheiten, die sich ungeplant entwickeln. Sicherlich hast du bei einem Training mit einem Vereinskollegen schon erlebt, dass sich die gemeinsame Einheit zu einem Rennen entwickelt oder, dass die Länge bzw. die Intensität erheblich gesteigert werden. Wenn du fallweise spontan dein Training intensivierst, ist das natürlich in Ordnung. Sollte jedoch die Belastung zu groß werden, es dir Schwierigkeiten bereiten, mit deinem Kollegen mitzuhalten oder wenn du das Gefühl hast, dass diese spezielle Einheit deine Trainingsziele beeinflusst, dann ist es legitim, diese rechtzeitig abzubrechen. Oft ist jedoch der Ehrgeiz größer als die Vernunft. Du könntest jedoch das Tempo einfach vorgeben, indem du langsamer wirst und dann erklärst, dass du im GA1 Bereich bleiben musst, um dein Trainingsziel zu erreichen. Darüber hinaus verläuft das Training auch fallweise ungeplant, da man das Trainingsterrain nicht kennt und während der Runde erst merkt, dass diese zu lang wird. Ich kann mich noch an eine Radausfahrt erinnern, bei welcher wir ohne Verpflegung und nach einem sehr dürftigen Frühstück um den Gardasee fuhren. Wir hatten mit einer 80 Kilometer Runde gerechnet. Tatsächlich handelte es sich um eine 140 Kilometer Runde mit 1000 Höhenmetern. Es wäre sinnvoller gewesen, nach 40 Kilometern umzudrehen und die Tour an einem anderen Tag in Angriff zu nehmen, da die Runde ohne Kohlenhydrate extrem anstrengend wurde.

 Eine Trainingseinheit abzubrechen ist oft psychologisch härter, als diese schleißig abzuschließen. Dennoch gibt es Gründe, die einen Abbruch rechtfertigen. Sei vernünftig, wenn es einmal nicht so funktioniert, wie es sollte. Jeder ernsthafte Triathlet hatte schon Höhen und Tiefen. Was jedoch einen Gewinner aus dir macht, ist, wie du mit den Schwierigkeiten umgehst, deine Planung umstrukturierst, eventuell kreative Lösungen findest und dann hochmotiviert die nächsten Einheiten bestreiten kannst.  

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